FELICITY & RYDER
Im Vergleich zum ersten Band haben beide Protagonisten eine enorme Entwicklung durchgemacht. Felicity ist viel selbstbewusster, mutiger und scheut sich nicht mehr davor, ihr musikalisches Talent zu zeigen. Zwar kämpft sie immer noch mit den Dämonen ihrer Vergangenheit, aber sie geht damit inzwischen anders um. Der scheue Blick über die Schulter bezieht sich nun auf Ryder, anstatt auf ihren Vater und das Hauptgefühl ist nun Trauer, anstatt Angst. Felicity trauert um das Leben, das ihr versprochen wurde und um die Liebe, die sie glaubte, gefunden zu haben. Sie hat sich von allen zurückgezogen und versteckt sich nicht nur vor der Öffentlichkeit, sondern auch vor ihren Freunden.
Auch Ryder hat sich sehr entwickelt. Anstatt verzweifelt dem Ruhm nachzujagen, wie noch im 1. Band, jagt er nun seinen Gefühlen für Felicity nach, die ihn wegen seiner Fehler verlassen hat. Er hat sich von der Band und dem Promileben zurückgezogen und versucht, zu sich selbst zu finden. Von dem charismatischen, extrovertierten Musiker ist nicht viel übrig geblieben. Ryder kämpft ebenfalls gegen seine Dämonen und hängt immer noch sehr an Felicity. Er leidet darunter, dass er nicht weiß, wo sie ist und dass er keine Chance hatte, ihr seine Version der Ereignisse zu erklären.
MEINE MEINUNG
Der Einstieg in das Buch hat mir gut gefallen. Wir starten mit Presseberichten und Artikeln, die sich um das Verschwinden von Wildwood Frontfrau Felicity Wilde drehen. Warum ist sie verschwunden? Wohin ist sie gegangen? Was passiert jetzt mit der Band und der Tournee? Was ist mit Ryder? Fragen, die sich die ganze Welt zu stellen scheint und die niemand beantworten kann. Ryder stürzt in ein Loch und fällt negativ in der Presse auf. Die Fans leiden mit ihm. Und Felicity …? Die bleibt verschwunden.
Die eigentliche Handlung startet zwei Jahre nach den Ereignissen im 1. Band. Die Plattenfirma hat Felicity aufgespürt und droht mit rechtlichen Schritten, wenn sie sich nicht bereiterklärt, die versprochene Tour mit Wildwood durchzuziehen. Felicity weigert sich anfangs vehement dagegen, denn wie soll sie Ryder jemals wieder in die Augen schauen und neben ihm singen? Doch als selbst ihr Anwalt dazu rät, dem Drängen der Plattenfirma nachzugeben, lässt sie sich widerwillig darauf ein. Die restliche Band wird daraufhin informiert, dass die Tour stattfindet und es folgt das (von einigen) lang ersehnte Wiedersehen in Los Angeles.
Das erste Treffen ist eisig und voller unterdrückter Gefühle. Aiden und Linc nehmen es dem Ex-Pärchen übel, dass sie in den letzten Jahren mit schlechten Auftritten und Arrangements um ihre Existenz kämpfen mussten, Ryder kocht vor Wut wegen Felicitys Verschwinden und Felicity ist immer noch tief verletzt wegen Ryders Drogenproblem. Die Dynamik der Band ist verschwunden, die musikalische Harmonie dahin. Doch sobald Ryder und Felicity wieder gemeinsam Musik machen, kommen die alten Gefühle wieder hoch, die keiner der beiden überwunden hat.
Ryder will Felicity zurückgewinnen und versucht alles, um ihre Mauern zu senken. Felicity dagegen will die Tournee einfach hinter sich bringen und dann „in die Freiheit“ verschwinden. Sie möchte dieses Leben – das sie von Anfang an nicht haben wollte – endlich hinter sich lassen.
Funktioniert das?
Natürlich nicht ….
Und hier kommen wir schon zu den Dingen, die mich an dem Buch massig gestört haben.
Einerseits behauptet Felicity ständig, dass sie dieses Leben nicht will. Schon im 1. Band fühlt sie sich unwohl bei Interviews, ist nervös bei Auftritten und hat kein gutes Wort für das Promileben übrig. Im 2. Band ist es ähnlich, doch da sie sich sehr entwickelt hat, meistert sie die öffentlichen Auftritte viel versierter und ohne Probleme. Trotzdem will sie dieses Leben nicht und spricht ständig davon, dass sie die Tour nur „hinter sich bringen“ will. Doch gleichzeitig werden alle großen Enthüllungen, alle emotionalen Stolpersteine und alle relevanten Ereignisse vor großem Publikum abgehalten. Dafür, dass sie die Aufmerksamkeit angeblich hasst, neigt sie dazu, diese ständig auf sich zu ziehen.
Storytechnisch kam die Fortsetzung auch überhaupt nicht voran. Es wurden so viele Fragen aufgeworfen, die bis zum Ende unbeantwortet blieben: Der Rechtsstreit mit Felicitys Familie, Ryders Kampf gegen die Drogen und die Sache zwischen Aiden und Carly. Mir kam es vor, als wären hier Handlungsstränge gewollt erstellt worden, um Spannung hineinzubringen. Was auch funktioniert hat, aber für mich ist es ein No-Go, solche dann einfach in der Luft stehen zu lassen.
Die Story war platt und es fehlte an Tiefe. Obwohl der Einstieg gut gelungen ist, wurde für mich zu viel Zeit auf Belanglosigkeiten verschwendet und die eigentlich spannenden Themen vernachlässigt. Anstatt sich seitenweise im Kreis zu drehen und Felicitys wankelmütige Gefühle zu beschreiben, hätte ich zum Beispiel gerne gewusst, was da zwischen Aiden und Carly los war. Ich hätte gerne etwas über die zwei Jahre erfahren, in denen sowohl Ryder als auch Felicity einen Wandel durchlaufen haben und ich hätte mir mehr Fokus auf Felicitys Familie gewünscht. Gerade ihre familiären Probleme trugen im 1. Band zu ihrem starken Charakter bei, wurden in der Fortsetzung aber mit wenigen Seiten „abgearbeitet“ – und das nicht gerade spektakulär.
Ryder und Felicity sind für mich nicht mehr die Charaktere, die ich im 1. Band lieben gelernt habe. Ihnen fehlt es hier an Tiefe und Authentizität. Wo im Vorgängerband noch alle Entscheidungen glaubhaft und nachvollziehbar waren, so konnte ich sie hier nicht richtig ernst nehmen. Beide Protagonisten handeln widersprüchlich und sind in ihren Entscheidungen viel zu wankelmütig. Besonders Ryder hat so gar nichts mehr von dem charismatischen, leidenschaftlichen Musiker. Für ihn dreht sich alles nur noch um Felicity und darum, sie irgendwie zurückzubekommen. Musik scheint nebensächlich, die Auftritte nur dafür da, ihr näher zu kommen und die Songtexte als Ersatz für klärende Gespräche. Ich fand das sehr schade, da mir besonders der Fokus auf die Musik im 1. Band gut gefallen hat und die Art, wie sich die Charaktere über ihre Texte näher kamen.
„Ich denke, dass man der Dunkelheit manchmal nur entrinnen kann, indem man ein Licht erstrahlen lässt.“ S. 316
FAZIT
Faded 2 konnte mich leider nicht überzeugen. Die Handlung war unstrukturiert und es fehlte ihr an Tiefe. Den Charakteren fehlt es an Authentizität. Zudem sind beide sprunghaft und handeln widersprüchlich, wodurch man sich die Frage stellt, ob sie überhaupt zusammen passen. Die unbeantworteten Fragen lassen mich frustriert zurück. Schlussendlich hat das Buch das Potential aus dem 1. Band nicht genutzt und viel zu viel Raum für Belanglosigkeiten verwendet.
Schade, aber für mich ein „Naja-Buch“.